Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war hier wild zerklüftete Landschaft, ein sandiges Geest-Gelände mit steilen Abhängen nach Süden zur Elbe.
Der Reeder Rütger Heinrich Klünder (1763–1849) erwarb den nördlichen Teil dieses unwirtlichen Hangs und ließ darauf – geradezu vorausschauend – einen Landschaftspark nach englischem Vorbild anlegen.
In der Zeit des Historismus waren Feldstein- und Tuffsteingrotten typische Attribute eines Parks. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurden solche romantisierenden Elemente der Gartenkunst mit ihrer natürlichen Wirkung vornehmlich von den Hohenzollern und dem Adel in Auftrag gegeben. Diese versteckt gelegenen Orte dienten der Ruhe wie auch dem Amüsement. Nach 1850 verlagerte sich das höfische Interesse, und die Aufträge kamen jetzt vom Großbürgertum. Auch Rütger Klünder wollte offenbar den Zeitgeist aufnehmen.
Eine von drei Grotten, die er erbauen ließ, steht heute noch in Wilmans Park. Seit Längerem galt sie als verschollen. Im Rahmen einer Überarbeitung des Areals 1989 wurde sie unter dichtem Unterholz von Landschaftsarchitekt Uwe Isterling wiederentdeckt und restauriert. Die Grotte liegt im östlichen Teil des Parks abseits des Rundweges und wirkt wie ein Zitat aus früher Zeit.
Nach Klünders Tod 1849 verkauften die Erben diesen Teil der Liegenschaft an den Kaufmann Hermann Günther Jochheim. Der westliche Teil ging an den Kaufmann Hermann Christoph Wilman, der mit Chilesalpeter handelte und hier seinen eigenen Park schuf. 1929 wurde die Straße, an der das Grundstück liegt, Wilmans Park benannt. 1885 erwarb der Buchhändler Julius Heinrich Wilhelm Campe den Park, und anschließend übernahmen – 1911 bzw. 1918 – Wilhelmine Wencke und Kaufmann Moritz Kayser das Anwesen. Der Eintrag im Grundbuch wurde 1918 wie folgt ergänzt: Die Bäume und Gebäude des Grundstücks sind so niedrig zu halten, daß sie die Aussicht nach der Elbe von der Veranda Parz. 293/67 nicht beeinträchtigen, ferner dürfen auf dem Grundstück keine Fabriken und Wirtschaften eingerichtet werden und betrieben werden, die durch Lärm, Dunst, Rauch oder unangenehme Geräusche die Nachbarn belästigen. Für kurze Zeit kaufte 1921 der Margarine-Fabrikant Fritz Wilhelm Cuno Sievers das Grundstück, ohne es jedoch weitergehend zu nutzen oder zu gestalten. Dies tat erst der Kaufmann und Schiffsversicherer Hermann Johannes Friedrich Witte.
Ein Stück Antike in Hamburg
1922, während der Inflationszeit, beauftragte Witte den renommierten Architekten Walther Baedeker (1880–1959), der in Blankenese bereits für den Lyriker Richard Dehmel und den Maler Otto Illies tätig geworden war.
In der zweiten Entwurfsrunde wurden die Ideen des Bauherrn konkret eingebracht. Die Planung Baedekers enthielt nun ein Gebäude im Stil einer römischen Villa mit Atrium, fast identisch mit der klaren Bauweise, wie es sich heute präsentiert. Vom offenen Innenhof führten nach beiden Seiten Räume, zur Westseite der Esssalon und zur Ostseite das Schlafzimmer mit einem Zugang zum Bad im Untergeschoss. Hier befanden sich außerdem die Wirtschaftsräume mit der Küche sowie die Räumlichkeiten für das Personal.
Der große Raum auf der Südseite des Hauses ist nach wie vor imposant. Er wurde im Stil eines griechischen Prostylos-Tempels mit davorliegender offener Säulenhalle als Bibliothek konzipiert. Auch das Gartenportal und die eindrucksvolle Treppenanlage auf der Südseite des Hauses gehörten zum Auftragsvolumen des Architekten.
Zeitgleich veranlasste Hermann Witte die umfangreiche Neuordnung des Landschaftsparks, was bei dem Höhenunterschied von fast zwanzig Metern keine leichte Aufgabe war. Von der Terrasse zwischen den Säulen auf der Südseite des Hauses führt die sogar für Blankeneser Verhältnisse etwas fremd wirkende Treppenanlage mit Sitzstufen in Richtung zur Elbe, um die Tiefe des Grundstücks erlebbar zu machen.
Hermann Witte bewohnte sein Haus in Blankenese nur kurz und war bald darauf regelrecht abgetaucht. Vielleicht wollte er den antiken Stätten näher sein, oder er hielt das Hamburger Klima nicht länger aus. 1927 verkaufte er seinen Besitz an Dr. jur., Dr. rer. pol. Alfred Schüler (1875–1950). Der Kapitän auf großer Fahrt und Anwalt ließ das neoklassizistische Gebäude für die Bedürfnisse seiner Familie umbauen. Für diese Aufgabe wurde erneut Architekt Walther Baedeker beauftragt.
Für Familie Schüler war die künstlich geschaffene Landschaft über mehrere Jahrzehnte ein Ort der Geselligkeit. Die Terrasse, die Sitzstufen und der Platz unter der Rosen-Pergola waren besonders beliebte Treffpunkte. An kühleren Tagen zog es die Familie in den Teepavillon oberhalb der kleinen Grotte. Für ihre Kinder bot der Park einen idealen Ort voller Anregungen und Verstecke.
Villa Jako
Als im Herbst 1991 Karl Lagerfeld die Immobilie übernahm, war das in Blankenese wie ein Paukenschlag. Warum hat er sie erworben? Zog es den Modeschöpfer in seine alte Heimat zurück? Wollte er in dem Haus dauerhaft wohnen? Die Vorfreude hielt nicht lange vor, und viele Fragen blieben unbeantwortet. Obwohl der gebürtige Hamburger höchst selten hier residierte, hat er dem Anwesen neues Leben eingehaucht. In Erinnerung an seinen Lebensgefährten Jacques de Bascher, der 1989 verstarb, gab Karl Lagerfeld dem Haus den Namen „Villa Jako“.
Der Modedesigner ließ das Gebäude restaurieren und veranlasste einige Umbauten, um Bäder und Wirtschaftsräume auf den zeitgemäßen Stand zu bringen. Die Wände des Gartensaals wurden von Restauratorin Renate Kant mit Motiven in Art déco-Manier herausgeputzt und dem Stil des Prostylos angepasst. Auch im übrigen Haus wurden die Wände mit zum Teil aufwendigen Ornamentmalereien versehen. Die Räume erhielten üppige Polstergarnituren und schwere, prunkvolle Vorhänge. Das Wasserbecken im Atrium löste Lagerfeld auf und ließ es schließen, damit der Innenhof bequemer genutzt werden konnte.
Für die Überarbeitung des Parks engagierte Lagerfeld den Hamburger Landschaftsarchitekten Uwe Isterling. Er ließ den Baumbestand kartieren und ergänzte Rhododendren und Stauden, die im Laufe der Jahrzehnte unattraktiv geworden waren. Das Ergebnis der umfangreichen Überarbeitung und der fürstlichen Einrichtung der Innenräume fotografierte Lagerfeld persönlich und veröffentlichte seine Schwarzweiß-Motive in dem Bildband „Ein deutsches Haus“ (Steidl Verlag). Villa und Park erlebten ein Remake auf höchstem Niveau. Doch 1997 trennte sich der Star von diesem Besitz, von dem er gesagt haben soll, dass es das schönste Haus sei, das er je besessen habe.
Ausführlichere Einblicke in die Historie des Wilmans Park: